Neue Ansätze der Diabetesklassifizierung

Die Unterscheidung zwischen Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 basierte in erster Linie auf dem Alter bei Beginn der Erkrankung und einigen weiteren Faktoren wie der Notwendigkeit einer Insulinbehandlung. Heute lassen sich dank Entwicklungen in der Molekulargenetik und Diagnostik Subtypen von Diabetes identifizieren, die individueller behandelt werden können.

Was bringt eine Unterteilung in Subtypen?

Mit zunehmender Prävalenz1 von Adipositas in jungen Jahren und einem relativ hohen Anteil von Typ-1-Diabetes im Erwachsenenalter sind die beiden Typen 1 und 2 immer schwieriger zu unterscheiden. Vor allem die Subtypen des Diabetes Typ 2 erlauben eine individualisierte Behandlung und eine bessere Bewertung des Risikos für diabetesspezifische Komplikationen und Spätfolgen. Schwedische Wissenschaftler schlagen neu eine Unterteilung in 5 Gruppen vor2.

Lesen Sie auch das Interview mit Dr. med. Stefan Fischli, Chefarzt Endokrinologie/Diabetologie im Kantonsspital Luzern, zu den Vorteilen einer modernen Behandlung je nach Diabetestyp.

Subtypen Diabetes Typ 1 und 2

Subtypen

Prävalenz

Beschreibung

1) Diabetes Typ 1 &

LADA

6%

Schwerer Autoimmundiabetes (SAID): Nachweis von GAD-Antikörpern, tiefe Insulinsekretion, schlechte BZ-Einstellung

LADA: Verzögert einsetzender, autoimmun-bedingter Diabetes beim Erwachsenen ("Latent autoimmune diabetes in adults")

2) Diabetes Typ 2 Insulinmangel

18%

Schwerer Insulinmangel Diabetes (SIDD): tiefe Insulinsekretion, keine GAD-Antikörper, hohe HbA1c-Werte, grösstes Risiko für diab. Retinopathie (Netzhauterkrankung)

3) Diabetes Typ 2 Insulinresistenz

15%

Schwerer Insulinresistenz Diabetes (SIRD): Insulinresistenz, Adipositas, später Beginn, grösstes Risiko für diab. Nephropathie (Nierenerkrankung)

4) Diabetes Typ 2 Adipositas

22%

Milder, Adipositas-assoziierter Diabetes (MOD): Adipositas, früher Beginn (eher jüngere Patientengruppe)

5) Diabetes Typ 2 Alter

39%

Milder, altersbedingter Diabetes (MARD): später Beginn, gute BZ-Kontrolle

Weitere Diabetesformen

Eine während der Schwangerschaft erstmals auftretende Hyperglykämie (Überzuckerung) kann entweder auf einen Diabetes Typ 1 oder 2 hinweisen, der während der Schwangerschaft neu auftritt, oder auf einen Gestationsdiabetes (Schwangerschaftsdiabetes) zurückzuführen sein.

Weitere Diabetesformen treten aufgrund von genetischen Defekten der β-Zellfunktion ("Maturity Onset Diabetes of the Young" - MODY), genetischen Defekten der Insulinsekretion, Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse, endokrinen Erkrankung auf oder werden z. B. auch durch Medikamente oder Chemikalien hervorgerufen.

1 Die Prävalenz ist in der Epidemiologie und medizinischen Statistik eine Kennzahl z. B. für die Krankheitshäufigkeit.

2 Ahlqvist E et al.: Novel subgroups of adult-onset diabetes and their association with outcomes: a data-driven cluster analysis of six variables. Lancet Diabetes & Endocrinology Published: 01 March 2018 doi: https://doi.org/10.1016/S2213-8587(18)30051-2